Im Frühjahr 2021 haben wir unseren eigenen experimentellen Weingarten angelegt. Das es ein Piwi-Weingarten werde sollte stand außer Frage, um dem Gesichtspunkt der Nachhaltigkeit im Weinbau zu unterstreichen, den wir als sehr wichtig erachten. Und natürlich wollen wir damit auch, im Rahmen unser Möglichkeiten, den Bekanntheitsgrad von Piwis steigern.
Nun können wir aber auch eigene praktische Erfahrungen in der Piwi-Bewirtschaftung und dem Ausbau von Weinen sammeln. Aufgrund der guten Pilzwiderstandsfähigkeit und des interessanten Aromenspiels ist die Entscheidung auf die Piwi - Rebsorte Cal 604 (Sauvignac) gefaAls nächstes wurden die kompletten Reben incl. Trauben mit einem Netzschwefel behandelt .llen. Da unser Weingarten von einer Mauer umgeben ist, trägt er den Namen Clos de Sauvignac. Ziel ist es in unserem Weingarten komplett auf den klassischen ökologischen Pflanzenschutz mittels Kupfer und Schwefel zu verzichten. Ob das letztlich gelingt und wir trotzdem gesunde Trauben ernten können, dass wird die Erfahrung in den nächsten Jahren zeigen. Der Züchter, Valentin Blattner, empfiehlt jeweils eine Behandlung mittels Kupfer- und Schwefelkontaktmitteln vor als auch nach der Blüte der Rebe. Gegenüber üblichen Weinreben (Riesling, ..., Spätburgunder) , die in der Größenordnung von ca. 10 - 12 Kupfer- und Schwefelbehandlungen im biologischen Weinbau pro Saison (in einem normalen Sommer, bei vielen Niederschlägen aber auch deutlich mehr, weil der Regen die Kontaktmittel von den Reben "abwäscht") benötigen, ist das schon eine gewaltige Reduktion.
1. Standjahr (2021)
Die Reb-Sätzlinge sind gepflanzt. Wichtig ist diese vor dem Ausbringen zu wässern, mit dem Wurzeln nach unten ins Pflanzloch einzustellen, mit Erdreich zu bedecken und ausreichend zu wässern. Es muss insgesamt beim Einsetzen sichergestellt werden, dass die Veredelungsstelle (grüne Verdickung) ca. 5 - 10 cm über den Erdboden herausragt. [Foto, 26.04.2021]
Am 01.05.2021 sind alle Sätzlinge eingepflanzt, die Pflanzstangen aus Baustahl zur Befestigung der Rebtriebe sind eingesetzt und der Grundaufbau der Drahtrahmenanlage ist fertiggestellt. Nun lass es wachsen.
Sauvignac - Jungrebe ca. 6 Wochen nach dem Auspflanzen im Weingarten. [Foto, Juni 2021]
Frühzeitig haben wir geschaut, dass sich aus dem Sätzling nur ein Trieb aus der Veredelungsstelle heraus entwickelt. Alle übrigen haben wir, im Hinblick auf den Stockaufbau, entfernt.
Unsere Reben haben sich im Verlaufe des Jahres 2021 sehr gut entwickelt [Bild: 15. Oktober 2021]. Auch die ca. 40 cm Ahr-Hochwasser am 15. Juli im Garten haben ihnen nicht geschadet. Ganz im Gegenteil: Nachdem wir die Blätter vom Schlamm befreit hatten, setzte ein regelrechter Wachstumsschub ein. Anschließend war auch aufgrund des feuchten Bodens und der natürlichen Niederschlage keine Bewässerung mehr erforderlich.
In Jahr 2021 haben wir nichts weiteres gemacht als die Blüten zu entfernen und ansonsten die Triebe einfach wachsen zu lassen. Damit diese vom Wind nicht gebrochen werden, haben wir diese ausschließlich am Drahtrahmen befestigt.
2. Standjahr (2022)
Andrea beim ersten Rebschnitt in unserem Sauvignac - Weingarten im Februar 2022. Im Jahr 2022 steht bei den Reben der Stockaufbau im Vordergrund. Dazu haben wir die Weinreben ca. 5 - 10 cm oberhalb des untersten Drahtes in der Drahtrahmenanlage gekappt.
Anfang April 2022 "erwacht" der Sauvignac und die Knospen brechen auf. Alle Weinstöcke haben den ersten Winter gut überstanden.
Trotz Trockenheit wachsen die Reben im Mai 2022 ausgesprochen gut und treiben an allen Knospen frische Triebe aus. Damit der Stockaufbau gelingt, müssen Seitentriebe entfernt werden. Zum Stockaufbau lassen wir insgesamt nur die 3 oberen Seitentriebe pro Rebstock stehen. Alle übrigen Seitentriebe werden entfernt. Alle Blüten entfernen wir auch, damit die ganze Kraft der Rebe auf den Stockaufbau gerichtet wird.
Andrea beim Ausbrechen der überschüssigen Triebe. Der Sauvignac zeigt große Tendenz zur Bildung von Geiztrieben. [Foto, 14.05.2022]
Hier auf dem Bild ist der Reb-Stock nun schon gut erkennbar, nachdem alle unteren Seitentriebe entfernt wurden und nur die oberen drei für die weitere Entwicklung belassen wurden. [Foto, 16.05.2022]
Der Sauvignac ist sehr wüchsig und entwickelt sich sehr gut. Ende Juni haben wir die Rebtriebe ca. 40 - 50 cm oberhalb des oberen Drahtes im Drahtrahmen gekappt, weindeutsch - "gegipfelt". [Foto: 24.06.2022]
Pflanzenschutzmaßnahmen: Obwohl ab Mai 2022 im Mittelrheintal das Wetter feucht und warm ist/war und damit ideale Bedingungen für die Bildung von Peranospera herrschen, sind bisher (28.06.2022) optisch keine Pilzsporen auf unseren Sauvignac-Reben wahrzunehmen. Im Gegensatz zur Behandlung klassischer Reben im Bio-Weinbau mit Schwefel- und Kupferpräparaten (bisher 8 Pflanzenschutzzyklen), haben unsere Sauvignac-Reben bisher keinerlei Pflanzenschutzmaßnahmen widerfahren.
Ab Juli 2022 zeigte sich ein ganz anderes Wetterbild. Es wurde sehr warm und trocken. Über 8 Wochen ist bis zum 07.09.2022 kein nennenswerter Regen gefallen. Das führte dazu, dass wir die Reben gelegentlich gewässert haben. Aber trotz Bewässerung ist diese Trockenperiode am Reblaub nicht spurlos vorbei gegangen. [Foto: 07.09.2022]
Obwohl wir glaubten alle Blüten entfernt zu haben, damit die Reben alle Kraft in den Stockaufbau leiten, haben sich doch einige Blüten "unter unserem Radar" zu Trauben entwickelt. Letztlich doch gut, damit wir die Trauben einmal in Augenschein nehmen konnten. Die Beerenhäute sind im reifen Zustand der Trauben rosafarbig und der Traubensaft ausgesprochen aromatisch. Am Dienstag, den 13.09.2022 konnten wir 86 ° Oechsle messen.
Im Riesling-Weinberg des Vereins Steile Traube Mittelrhein e.V. hatten wir als Vergleich zu dem Zeitpunkt erst ca. 74 ° Oechsle in Leutesdorf messen können. Also scheint der Sauvignac 2-3 Wochen früher reif zu sein als Riesling. Im Jahr 2023 werden wir schauen, ob das immer so ist oder nur eine Erscheinung im Jahr 2022 war. [Foto: 13.09.2022]
Der Clos de Sauvignac im Oktober. [Foto: 16.10.2022]
Inzwischen ist der Winter in den Weingarten "eingezogen". [Foto: 18.12.2022]
3. Standjahr (2023)
Andrea beim Rebschnitt im Februar 2023. Da sich der Sauvignac im 1. und 2. Standjahr so gut entwickelt hat, treffen wir beim Schneiden schon Vorbereitungen für das nachfolgende Binden der Reben. Ziel ist bereits 2023 die ersten Trauben reifen zu lassen. [Foto: 26.02.2023]
Die Vorbereitung ist erledigt: Die Reben sind gebunden.[Foto: 05.03.2023]
Seit dem März ist viel passiert. Die Weinreben haben sich toll entwickelt. Im Hintergrund des Glases sieht man kleine Traubenbeeren. Dieses Jahr lassen wir Trauen ausreifen und wollen wir den ersten Sauvignac keltern. Jetzt ist im Weinglas noch eingekaufter Sauvignac. 2024 hoffen wir, dass wir dann bereits eigenen Sauvignac aus unserem Weingarten trinken können. Mal schauen, was Ergebnis unser erstes Wein-Experiment ergibt. [Foto: 18.06.2023]
Mittwoch, den 05.07.2023 entdeckte ich in Teilen weißen Belag auf den Sauvignac-Trauben. Da die Blätter und frischen Blattaustriebe nicht befallen waren, habe ich zunächst nicht aus Mehltau/Oidium geschlossen und beschlossen, die Entwicklung weiter zu beobachten. Zwei Tage später entdeckte ich Wildkräuter mit weißen Belag. Aufgrund der sommerlichen Temperarturen, großen Temperarurschwankungen Tag/Nacht und Trockenheit kamen alle Oidium begünstigende Faktoren zusammen, so dass ich mit großer Wahrscheinlichkeit von einem Oidiumbefall ausgehen konnte.
Erst am Samstag, den 08.07.2023 konnte ich reagieren. Zu dem Zeitpunkt waren im ganzen Weingarten alle Trauen massiv betroffen. Daraufhin habe ich zunächst die Trauenzone kräftig entblättert (Nordseite der Reben), um weiterhin die Trauben zu beschatten und besonders stark betroffene Trauben entfernt. Entfernte befallene Trauben. [Foto: 08.07.2023]
Drei Tage und 2 Milch-Wasser-Spritzungen (Mischverhältnis: 1:8) später sieht es so aus, als hätten sich die Trauben in Teilen vom Oidium-Befall "erholt". Den weiteren Verlauf der Traubentwicklung werden wir jetzt sehr intensiv beobachten. [Fotos: 11.07.2023]